Künstler wie der Schweizer Maler Ferdinand Hodler waren vom Körpereinsatz des Holzfällers beeindruckt. Foto: Schweizerisches Nationalmuseum

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Grosse Ausstellung in Zürich: Die Menschheit und ihr Wald

«Im Wald. Eine Kulturgeschichte» dokumentiert den Umgang des Menschen mit seinem frühesten Lebensraum. Zahlreiche Kunstwerke zelebrieren die Schönheit und Kraft der Bäume. Wie eine nachhaltige Waldbewirtschaftung funktioniert, kommt jedoch kaum zur Sprache – von Anita Merkt

Das Landesmuseum Zürich widmet noch bis zum 17. Juli eine viersprachige Ausstellung dem Wald. Oder besser gesagt: der Nutzung des Waldes durch den Menschen und seiner Sicht auf diesen urwüchsigen Lebensraum. Dabei erfährt der Ausstellungsbesucher interessante Details, zum Beispiel, dass unsere Bäume im Durchschnitt 120 Jahre alt sind oder dass man Hirsche im Mittelalter jagte, indem man sie mit Hunden und zu Pferd zu Tode hetzte. Anhand jungsteinzeitlicher Werkzeuge zeigt die Ausstellung, dass schon der prähistorische Mensch den Wald nutzte. Mit dem Einsetzen der Bronzezeit ab etwa 900 v. Chr. brauchten die Menschen dann grössere Holzmengen, um Holzkohle zur Verhüttung des Kupfererzes herzustellen. Umfangreichere Rodungen setzten jedoch erst ab dem Jahr 1600 ein, als die Bevölkerung stark zunahm. Viele Ortsnamen wie -schwand oder -rüti zeugen noch heute von dieser Besiedlung. Denn beide bezeichnen Flächen, die man durch Roden (Reuten) gewann.  Wie mühselig das Fällen von Bäumen vor dem Aufkommen der Motorsäge war, zeigt eine Sammlung alter Holzfällerwerkzeuge. Neben einer Langsäge, mit der zwei oder gar vier Männer aus Stämmen Bretter sägten, finden sich ein Waldhammer zur Markierung gefällter Bäume oder ein Wurzelstocksprengapparat. Auch zahlreiche künstlerische Darstellungen der Holzfällerarbeit hat das Landesmuseum zusammengetragen. 

Ein Werkzeug, das bei der Abholzung zahlreicher Bergwälder eine zentrale Rolle spielte, war der Flösserhaken. Denn durch Triften und Flössen (einzelne oder zusammengebundene Stämme) konnten die armen Bergbewohner enorme Mengen an Stämmen in die holzhungrigen Städte schaffen. So ist die massive Abholzung der mächtigen Weisstannen im Schwarzwald auf den massiven Holzbedarf der Niederlande bis ins letzte Jahrhundert zurückzuführen. Über die Nagold und den Neckar flössten die Schwarzwälder Bauern die mächtigen Stämme zum Rhein und bis nach Holland. Dort wurden sie für den Bau von Handels- und Kriegsschiffen und als Pfähle für den Hausbau im sumpfigen Gelände gebraucht. Rund 30 Prozent ihres Holzbedarfs beschaffte sich die Seefahrernation Holland aus dem Schwarzwald. 

In der Schweiz passierte in den Bergregionen dasselbe. So holzte die darbende Bevölkerung ihren Wald ab, um die Holzstämme über Flüsse wie die Maggia und den Lago Maggiore nach Mailand zu flössen. Bis in die 1860er-Jahre trieben jedes Jahr 100 000 Stämme aus dem Tessin in Richtung Lombardei. Die Folge der ungebremsten Abholzung waren Erdrutsche, tote Tiere und Menschen, zerstörte Häuser und Ställe. 

Zerstörung des Waldes als Thema

Der desolate Zustand der Wälder zu Beginn des 20. Jahrhunderts rief Männer wie Steivan Brunies, Johann Wilhelm Coaz und Paul Sarasin auf den Plan, die sich für eine andere Waldwirtschaft und die Einrichtung eines Nationalparks einsetzten. Neben historischen Dokumenten finden sich in der Ausstellung auch Werke vieler Künstler wie Ferdinand Hodler, Conrad Meyer oder Joseph Beuys. Vor allem seit dem Beginn der Romantik setzen sich Künstler mit den ästhetischen, emotionalen und ökologischen Dimensionen des Waldes auseinander. 

Ein Raum ist der Bedrohung des Regenwaldes gewidmet, der mit ähnlicher Erbarmungslosigkeit vernichtet wird wie die Schweizer Wälder bis hinein ins 19. Jahrhundert. Wir erfahren etwas von Menschen wie Anita Guidi oder Bruno Manser, die sich für den Erhalt des Regenwaldes einsetzten und einsetzen. Neben beeindruckenden Fotos und Videos von Urwaldriesen sind in den Regenwaldräumen auch Artefakte indianischer Regenwaldbewohner ausgestellt, die Forschende nach Europa gebracht haben. Daneben stehen Darstellungen einheimischer Künstler, die gegenwärtig die Zerstörung ihres Lebensraumes miterleben.

«Im Wald» dokumentiert zwar viele Facetten des Waldes. Wie eine nachhaltige Waldwirtschaft heute aussieht, wird jedoch nur in Ansätzen aufgezeigt. 


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